Die Form - Oder Rechtschreibung mal anders betrachtet

Ich bin ja irgendwie ein Pedant. Ich kann mich ueber Details aergern, wo andere sich fragen, woher ich diese Energie nehme. Wenn man sich aber zu sehr mit Details beschaeftigt, verliert man gerne den Ueberblick, weil einem die Zeit fuer den objektiven Blick von weit weit weg fehlt. Ein Teufelskreis bzw. eine Gratwanderung.

Unsere deutsche Sprache hat sieben Sonderzeichen, die einem IT-ler der ersten Stunden (in meinem Fall eben die 80er Jahre) das Leben schwer machen: Die drei Umlaute jeweils gross und klein und das scharfe S (oder auch Eszett genannt) ausschliesslich in Kleinschreibung, jedenfalls bis heute.

Bis heute habe ich es nicht geschafft, mich mit deutschen Tastaturen anzufreunden, drum schreibe ich fast alle Texte die ich verfasse mit Umschreibungen, also ae oder oe oder ss. Auch wenn es sprachwissenschaftlich natuerlich voelliger Bloedsinn ist, aus technischer Sicht wuenschte ich mir eine Abschaffung dieser Sonderfaelle.

Umso gespannter verfolgte ich die Entwicklung unserer Rechtschreibreform.  Dem scharfen S sollte es an den Kragen gehen. Die Schweizer machen es vor, die verwenden es einfach nicht. Abgeschafft wurde es aber nicht, aber die Regeln wurden grundlegend geaendert und dabei unglaublich vereinfacht.

Nun scheint es natuerlich verwunderlich, dass gerade ich, der sich meist weigert eine Unterscheidung zwischen der ss-Schreibung und dem scharfen S vorzunehmen und einfach immer ss schreibt, mich mit dem Thema befasse.

Beim Lesen erkenne ich ob der Text Umlaute enthaelt. Jemand der ein ue richtig tippen kann, kann auch dem scharfen S seine korrekte Verwendung beimessen.

Jetzt habe ich mich ganz toll rausgeredet, warum ich die Fehler machen darf und die anderen nicht und schon bricht wieder alles zusammen: Ich kann wenn ich nur will:

Die wichtigste Regel lautet: Ist der Vokal kurz, folgt ss (wie in Fluss, Bass, dass, muss und den Massen (Unmengen)), ist der Vokal davor lang folgt ein ß (wie in Straße, Ruß und auch den Maßen (gemäßigt)).

Will man also wissen, ob etwas richtig oder falsch geschrieben ist, denkt man sich vor jedem ß einfach ein Dehnungs-h davor. Das funktioniert prima: Strahße, Ruhß und auch bei den Mahßen. Und wenn es falsch ist, merkt man das auch gleich: Fluhß, Bahß, dahß, muhß und den Mahßen (Unmengen).

Selbst beim Schiehßen, geniehßen, reihßen (aber gerissen) also den Doppellauten funktioniert es, diese funktionieren einfach wie lange Vokale.

Das fuehrt dazu, dass ich Falschschreibungen vor allem von dass und muss mit scharfem S sobald ich es lese mit langem Vokal vor mir hersage und das ganze dann total daemlich klingt und die Aussage egal wie toll sie auch sein mag, nachhaltig in meinem Kopf entwertet wird.

Doch das ist ja nur der Gipfel des Eisbergs. Schon wenn ich Standart oder irgendwelche Deppenapostrophen oder gar einen Akzent statt eines Apostrophen finde ist der Autor bei mir erstmal unten durch. Mit als Tippfehler zu erklaerenden Falschschreibungen habe ich jedoch kein Problem, sowas passiert einfach hin und wieder.

Bei persoenlich oder sonstwie laenger bekannten Personen faellt das natuerlich nicht stark ins Gewicht. Stoerend ist es trotzdem und da stellt sich die Frage: Ist mir das wirklich so wichtig, um eine Diskussion deswegen anzuzetteln? Meist eher nicht.

Rechtschreibdiskussionen werden in Foren oft als letztes Mittel benutzt, um den Autor zu diffamieren. Wenn ich das lese freue ich mich manchmal zu sehen, dass jemand genau so denkt wie ich. Aber gutheissen kann ich es dennoch nicht. Wenn einem das Thema wirklich wichtig ist, sollte man die Moeglichkeit haben, dem Autor die Gelegenheit zu geben, seine Fehler zu korrigieren. Aber diese Moeglichkeit fehlt...

Knarf

P.S.: Bitte schreibt nie mb (millibit) wenn ihr MB (MegaByte) meint.

P.P.S.: Die einzige mir bekannte Ausnahme ist die bayerische "Maß Bier". Und das obwohl sie korrekt mit kurzem a ausgesprochen wird. Das liegt aber am Dialekt, hochdeutsch ist, so grausam es klingt, die Mahß Bier korrekt. Naja, eigentlich ist es ja sogar das Maß, aber das ist ein anderes Thema.

Update 2009-05-07: Ich habe dem Artikel noch ein bisschen unter die Arme geholfen. Kennt jemand eine Rechtschreibsoftware (Windows oder Unix), die Umschreibungen ohne grosse Nachfrage korrigiert und dabei womoeglich noch Zitate unberuehrt laesst?

Trackbacks

  1. Englische Schriftzeichen

    Ich habe mich ja schon vor einiger Zeit ueber unsere Umlaute und besonders das scharfe S ausgelassen. Dass die in England ein aehnliches Problem haben koennten, war mir bislang nicht bekannt. Die Sueddeutsche Zeitung zitiert heute im Zusammenhang mit ein

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